Freitag, 19. Februar 2010

Etwas spassgebremst

     
Am Tag Zwo der diesjährigen Fastenzeit gleich zum Konzert einer Lieblingsband, das ist ungefähr so, wie wenn man die Whiskybibel mit einem Glas Tomatensaft in der Hand lesen muss. Etwas spassgebremst sozusagen. Doch manche Dinge kann man sich nicht aussuchen und man muss die Feste feiern wie sie fallen. Also fuhren 3/4 der temporär abstinenten MINERS gestern abend gen Leipzig, um RICHMOND FONTAINE die Ehre zu geben. Im altehrwürdigen UT Connewitz angekommen, versuchten wir anfangs, die VitaCola-Vorräte des Barkeepers auszutrinken. Nach jeweils 3 Flaschen mussten wir allerdings schnell klein beigeben, denn so etwas sind wir nicht gewöhnt...

Der Veranstaltungsort ist ein sehr schöner, alter Kinosaal aus der Zeit, als man noch Lichtspiel-Theater dazu sagte. Und seither war  auch nicht mehr renoviert worden, was eine wirklich wunderbare Kulisse für Konzert, Theater und Film abgibt. Eintritt 12 EUs, da kann man auch nicht meckern. Dafür gab's dann sogar noch ein Vorprogramm. Denis Jones aus England zeigte uns, wie man ganz alleine  bzw. mit ein paar Loops und Samples wunderbare Klangwelten erschaffen kann, und zwar live. Der Mann sprang auf und nieder, betätigte Fußbedale, drehte an Knöpfen und Reglern, spielte dazu sehr perkussiv Gitarre und hatte eine wirklich betörende Stimme. Ich war schwer beeindruckt (und höre mir gerade noch mal "Beginning", seinen gestrigen Schlusssong an). Das Leipziger Publikum sah es genauso und bedankte sich mit langem Beifall.

Danach also Richmond Fontaine aus Portland. Leider sind deren Europatourneen nicht so häufig und auch der Osten wird kaum bedacht. So war es schon wieder ein paar Jahre her, dass ich sie das letzte Mal sah. Inzwischen gab es eine neue und von Kritikern hochgelobte Platte "We Used To Think The Freeway Sounded Like A River", von der auch die meisten Stücke stammten. So recht wollte aber die ganze Sache gestern abend nicht zünden. War's die Songauswahl, der barocke Rahmen oder meine VitaCola, ich weiß es nicht. Für mich haben RF ihre größten Momente, wenn sie hemmungslos rocken wie in ihren Anfangsjahren oder bei den ganz leisen Liedern a la "The Fitzgerald". Dazwischen ist das so eine Sache, die mal funktioniert und mal nicht. Und dann, denke ich, ist die Band auch sehr abhängig von dem, was aus dem Publikum zurückkommt. Und das traute sich gestern abend wohl nicht so richtig, euphorisch zu sein. Erst zum Schluss brach das Eis und die Zugaben hatten einen Schwung, wie ich ihn mir für das ganze Konzert gewünscht hätte. Die vier freuten sich über viel Beifall und wirkten  zum Schluss hin dann doch sehr gelöst.

Natürlich musste ich die Gelegenheit beim Schopf packen und eine MINERS-Single überreichen mit unserer Hommage an den sympathischen Vierer. Die wolltens erst gar nicht glauben; ein Song über RF?? Händeschütteln und überschwenglicher Dank von Willy, Dave und Sean. Da wurde  mir etwas mulmig zumute und wir haben gesehen, dass wir den Heimweg antraten. Etwas spassgebremst, aber doch glücklich und zufrieden, 250 km Autofahrt auf uns genommen zu haben, um tolle Musik zu erleben. Einzigster (aber sehr bitterer) Wermutstropfen: ich hatte meinen Fotoapparat vergessen...





Denis Jones "Beginning"



Willy & Dan of Richmond Fontaine "The Boyfriends"

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