Mittwoch, 15. Oktober 2008

Kleines Kino, Große Gefühle

Eine Erinnerung der besseren Art an mein Leben vor '89 ist die an Kinobesuche. Unser Dorf hatte damals Einwohner genug, um an drei bis vier Tagen die Woche ein kleines Kino zu füllen. Gegeben wurde neben leicht oder mittelprächtig angestaubten Filmen des Klassenfeindes auch alles, was die einheimische DEFA so auf den Markt geworfen hat und das war nicht wenig. Natürlich gab's da auch viel Schund, wie überall, doch die eine oder andere Perle fand sich schon darunter. "Und nächstes Jahr am Balaton" habe ich damals bestimmt vier, fünf Mal gesehen und dieser Film erzeugte stets eine große Sehnsucht in mir, nach Liebe, nach Veränderung, nach wasauchimmer. Und Ulrich Mühe lebt in meiner Erinnerung hauptsächlich als Hölderlin aus "Hälfte des Lebens". Ich fand mich oder mein Leben in diesen Filmen wieder, in der Art des Erzählens, in der Zerissenheit und im Scheitern der Figuren, ohne dass ich hätte sagen können, ich bin wie der oder der. Es war der Film als Gesamtes. Der mir ein vertrautes Gefühl gab und aus dem ich bei aller Tragik und Widrigkeit der Umstände Kraft schöpfen konnte.

Dann kam 1989, 1990, 1991 und ich kann heute nicht mehr sagen, ob ich in dieser Zeit überhaupt einmal im Kino gewesen bin. Doch an 1x erinnere ich mich: Disney's "Robin Hood" mit unserem damals vierjährigem Sohn.

Seit ein paar Jahren habe ich ihn nun wieder für mich entdeckt, den DEFA-Film. Natürlich heißt er heute anders, z.B. Boje Buck Produktion. Doch die Zutaten sind dieselben. Jedenfalls fühlt sich das Ergebnis für mich genau so an wie damals. Was ich jetzt unbedingt positiv meine. Helden, die eigentlich keine sind oder jedenfalls nicht im klassischen Sinne und Geschichten, wie die das Leben schreibt. Andreas Dresen, Detlev Buck oder Leander Haußmann, die Regisseure, sind ungefähr so alt wie ich selber und wahrscheinlich ist das der springende Punkt. Ich habe aber gar keine große Lust, das auseinander zu klamüsern. Ich möchte das für mich so lassen, wie es ist: Einen Film anschauen, traurig sein und Tränen lachen und mich am Ende ganz wohlig fühlen damit. So geschehen kürzlich bei "Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe". Zahlende Zuschauer: meine Frau und ich.

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