Montag, 27. Oktober 2008

Soundtrack gegen Schmuddelwetter

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Eine Woche Urlaub liegt vor mir und für die nächsten drei Tage ist Regen angesagt; vielleicht auch schon ein bissel Schnee. Macht nichts, habe ich genügend Zeit, mich durch die neuen Platten zu hören, die letzte Woche angekommen sind:

Bestimmt schon 5,6x gehört seither und immer wieder schön. Weiß nicht, wann ich das letzte Mal eine Platte mit deutschen Texten gekauft hab'. Ist Jahre her. Element of Crime hatte ich eher als eine ziemlich verkopfte Band in Erinnerung. Doch das hier ist wunderbar leichte Musik und lässt gleich wieder an den ebenfalls wunderbaren Film denken. Auf 7inch, schweres Vinyl. Limitiert sowieso. Die Flipside hat "Robert Zimmermann", dylanlike. Großes Kino, Film wie Musik.
Element of Crime "Ein Hotdog Unten Am Hafen", 7"Single, Universal 2008

Spätestens seit dem Liveerlebnis vor 10 Tagen in der Groovestation Dresden bin ich angefixt von dieser Mischung aus Coolness und Seventies Retrorock. Wahrscheinlich weil seine Musik den Spirit atmet, mit dem ich aufgewachsen bin. Thin Lizzy werden immer wieder als Eckpfeiler genannt; ich höre teilweise The Free heraus und vom Gestus ist vielleicht auch ein bisschen Jimi Hendrix dabei. Aber alles nur andeutungsweise, denn Brant Bjork füllt eine eigene Schublade. Und Stoner heißt die nach meiner Auffassung überhaupt nicht. Wie sich der Opener "Lion One" langsam entfaltet und steigert, ohne zu explodieren, das hat schon Klasse. Man könnte jeden der acht Titel hernehmen, um zu schwärmen, es sind keine Ausfälle drunter. Brant hat die acht Songs der Vinylausgabe auf zwei LP's verteilt. Damit die Nadel genug Platz hat, zum Ausschlagen...

Brant Bjork "Punk Rock Guilt", 2LP, Low Desert Punk 2008


Diese Platte erschien im vergangenen Jahr und das Review in einem Versandkatalog bewog mich dazu, mich mal näher damit zu befassen. Detlev von Duhn schrieb:
"...Es wirkt, als hätte er seinen Stil gefunden. (V.a. rhythmisch) knochentrockener punktgenauer ungemein präziser mittelharter Desert Rock...Wah-Wah-getränkte Gitarren mit ihren charakteristischen ständig wiederholten rotierenden Motiven/Licks und kompakten zielgerichteten ebenfalls ausgesprochen präzisen nie zu langen cremig-mittelschweren melodischen teils singenden Soli, die quasi in sich ruhen..."
Ja, das findet sich alles wieder auf dieser Scheibe. Im Gegensatz zu "Punk Rock Guilt", die Brant im Alleingang einspielte, gibt es hier die damalige Besetzung von The Bros zu hören und zwei Gastmusiker, was das Ganze sehr abwechslungsreich macht. Anders als die aktuelle Platte, aber mindestens genau so gut.

Brant Bjork and The Bros "Somera Sól", LP, Duna Records 2007

Hier wird die Klasse dieses Mannes erst so recht deutlich. "Local Angel" ist eine fast rein akustische Platte. Nur hier und da ein wenig Schlagzeug, ein paar Tupfer Bass. Alles selbst geschrieben, arrangiert, eingespielt und produziert. Wie viele Bands es gibt, deren Songs nur im elektrifizierten Kontext etwas taugen, wissen wir spätestens seit MTV Unplugged. Brant Bjork's Songs funktionieren auch alleine. Eine leicht jazzige Note höre ich hier (als Nichtjazzer) und einen herrlichen Flow hat diese Scheibe. Würde ich kiffen - das wäre mein Soundtrack.
Brant Bjork "Local Angel", LP, Duna Records 2004

"Dirt Don't Hurt" - in abgewandelter Form sagte das schon meine Großmutter zu mir (Dreck reinigt den Magen). Von Holly Golightly habe ich einige Platten im Schrank stehen. Als ich das erste Konzert sah, war sie leider schon kein Geheimtipp mehr. Da hatte Jack White bereits gelobhudelt. Während dieser aber inzwischen versucht, auch bei den Reichen und Schönen dieser Welt zu punkten und Platten mit Alicia Keys besingt, ist sich Holly treu geblieben. Ja scheint sich sogar auf dem Zeitstrahl immer weiter rückwärts zu bewegen. Waren vor Jahren noch die frühen Sixties Quelle der Inspiration, so scheinen es jetzt hinterwäldlerische Blues- und Gospellieder der vierziger Jahre zu sein. "Dirt Dont Hurt" ist innerhalb von reichlich einem Jahr bereits die zweite Scheibe, die sie mit Ihrem derzeitigen Bühnenpartner Lawyer Dave aufgenommen hat. Bei einem kurzen Zwischenhalt auf der Spanientournee. Wahrscheinlich wieder komplett analog, wie man das von ihr gewohnt ist. Die Pressung ist ebenfalls ohne Fehl und Tadel. Damaged Goods Records eben. Clear Vinyl.
Holly Golightly & The Brokeoffs "Dirt Don't Hurt" Damaged Goods 2008

Noch nicht gehört. Von 2007. Doch das ebenfalls im Vorjahr erschienene "Snow Angels" gehörte zu meinen Lieblingsplatten im vergangenen Winter. "The Trumpet Child" kann also einfach nur gut sein. Wieder sehr liebevolle Verpackung wie man sieht. Schweres Vinyl. Farbig bedruckte Innenhülle mit allen Texten. Flasche Rotwein - Kerzenschein - Over The Rhine. Wenn's so weiter regnet, dann heute abend schon ..
Over The Rhine "The Trumpet Child", LP, REDEYE 2007

Sonntag, 26. Oktober 2008

Halb und halb

Halbzufrieden mit dem ersten Halbmarathon meines halb verlebten Lebens liege ich halb lädiert auf dem Kanapee und wärme mir die Glieder. Nicht länger als 2 Stunden dafür zu brauchen hatte ich mir vorgenommen. Das hat zwar geklappt, doch es hätten gerne noch ein paar Minuten weniger sein können. Wie das so ist mit'm Ergeiz...
Eigentlich ist ja Laufen gegen die Uhr seit Kindertagen für mich absolut negativ belegt. Ich kann mich an einen Crosslauf erinnern, über 3.000 m, da habe ich, obwohl drittletzter, dem Sportlehrer hinterher das Badezimmer vollgekotzt. Insofern wundert es mich schon, dass ich nun im Mittelalter sogar so etwas wie Freude beim Laufen spüren kann. Hin und wieder. Aber jetzt brauch' ich erst mal 'ne Pause...

1:56:22, Platz 65 von 76 in AK M40, Platz 274 von 365 total

Samstag, 25. Oktober 2008

Peter "Cäsar" Gläser (1949 - 2008)


wenn ich weiß daß man mich braucht
und kann meine kraft erschöpfen
und verschenken alle meine
blumen augenblicklich
wenn ich was mein lied gesät
aufgehn seh in fremden köpfen
und find lachen und find weinen
nämlich bin ich glücklich

("nämlich bin ich glücklich" von "Das einzige Leben" AMIGA 1980, Text: Kurt Demmler, Musik: Peter Gläser)

Dienstag, 21. Oktober 2008

Nachlese

Nach so viel verbreiteter Vorfreude nach allen Seiten wollte ich eigentlich ein schönes Review schreiben zu Brant Bjork & The Bros. Doch wenn man sprachlos ist angesichts dieser Wucht von Musik, vorgetragen von einem Sinnbild an Bescheidenheit, dann kann eine Beschreibung nur in die Hose gehen. Leider habe auch kein passendes Video gefunden, was meinen Eindruck in etwa widerspiegelt. Bei den meisten Aufnahmen dürfte sich die Membran des Mikrofons umgestülpt haben. Nicht dass laut automatisch gut wäre, doch im Falle BBB geht das in Ordnung. Da ist die Musik zugleich eine körperliche Erfahrung. Morgen kommen endlich die bestellten Langspielplatten. Nachbarn, wehe euch!

Donnerstag, 16. Oktober 2008

Der Anfang vom Ende

Grauer Tag mit Nieselregen. Die Stare sammeln sich in den kahler werdenden Wipfeln. Der Moment des Aufbruchs ist gewaltig. Und lässt mich ziemlich einsam zurück.

Mittwoch, 15. Oktober 2008

Kleines Kino, Große Gefühle

Eine Erinnerung der besseren Art an mein Leben vor '89 ist die an Kinobesuche. Unser Dorf hatte damals Einwohner genug, um an drei bis vier Tagen die Woche ein kleines Kino zu füllen. Gegeben wurde neben leicht oder mittelprächtig angestaubten Filmen des Klassenfeindes auch alles, was die einheimische DEFA so auf den Markt geworfen hat und das war nicht wenig. Natürlich gab's da auch viel Schund, wie überall, doch die eine oder andere Perle fand sich schon darunter. "Und nächstes Jahr am Balaton" habe ich damals bestimmt vier, fünf Mal gesehen und dieser Film erzeugte stets eine große Sehnsucht in mir, nach Liebe, nach Veränderung, nach wasauchimmer. Und Ulrich Mühe lebt in meiner Erinnerung hauptsächlich als Hölderlin aus "Hälfte des Lebens". Ich fand mich oder mein Leben in diesen Filmen wieder, in der Art des Erzählens, in der Zerissenheit und im Scheitern der Figuren, ohne dass ich hätte sagen können, ich bin wie der oder der. Es war der Film als Gesamtes. Der mir ein vertrautes Gefühl gab und aus dem ich bei aller Tragik und Widrigkeit der Umstände Kraft schöpfen konnte.

Dann kam 1989, 1990, 1991 und ich kann heute nicht mehr sagen, ob ich in dieser Zeit überhaupt einmal im Kino gewesen bin. Doch an 1x erinnere ich mich: Disney's "Robin Hood" mit unserem damals vierjährigem Sohn.

Seit ein paar Jahren habe ich ihn nun wieder für mich entdeckt, den DEFA-Film. Natürlich heißt er heute anders, z.B. Boje Buck Produktion. Doch die Zutaten sind dieselben. Jedenfalls fühlt sich das Ergebnis für mich genau so an wie damals. Was ich jetzt unbedingt positiv meine. Helden, die eigentlich keine sind oder jedenfalls nicht im klassischen Sinne und Geschichten, wie die das Leben schreibt. Andreas Dresen, Detlev Buck oder Leander Haußmann, die Regisseure, sind ungefähr so alt wie ich selber und wahrscheinlich ist das der springende Punkt. Ich habe aber gar keine große Lust, das auseinander zu klamüsern. Ich möchte das für mich so lassen, wie es ist: Einen Film anschauen, traurig sein und Tränen lachen und mich am Ende ganz wohlig fühlen damit. So geschehen kürzlich bei "Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe". Zahlende Zuschauer: meine Frau und ich.

Dienstag, 14. Oktober 2008

Vorfreude

... in zwei Tagen ist es soweit ...

Montag, 13. Oktober 2008

Zivilcourage

"...Und alle standen auf und applaudierten, und Reich-Ranicki erzählte, um irgendwas doch irgendwie wieder gutzumachen, noch eine Anekdote und bot Gottschalk das Du an, und dann wurde er herausgeführt aus der Hölle dieser Halle, und der Moderator sagte, nun wörtlich: „So, jetzt sind wir wieder unter uns und können weitermachen.

Klar. Der Kritiker, der Spielverderber ist weg, nun ziehen wir unsere hirnlose Scheiße durch bis zum Schluss. Wo waren die Programmdirektoren und Intendanten in diesem Augenblick, warum kam keiner von ihnen auf die Bühne, um etwas zu sagen? Weil es verknöcherte Bürokarrieristen sind, die das Spontane längst verlernt haben, das Menschliche auch, Kultur schon sowieso.

Man schämt sich, in so einem Sender überhaupt noch zu arbeiten. Von mir aus schmeißt mich jetzt raus, ich bin des Kampfes eh müde. Ich schäme mich, ich entschuldige mich stellvertretend für alle Leidenden an diesen Zuständen, und derer sind auch in diesen verlotterten Sendern noch viele, bei Marcel Reich-Ranicki für diesen unwürdigen Abend. Ja, bitte nimm den Preis nicht an, jetzt nicht und nie. Lass dich nicht einlullen. Und rede nicht mit den Vertretern der Sender, es bringt nichts. Sie werden es nicht begreifen...."

soweit Elke Heidenreich in der Online-Ausgabe einer deutschen Tageszeitung. Nachdem gestern abend nur die unsäglich dummen Zwischenlacher zu hören waren, tut es gut, wenigstens diesen einen Beitrag zu lesen...

Freitag, 10. Oktober 2008

Marathon Men

Es ist schon ein lustiger Zufall: Da bin ich aktuell gerade dabei, mich so ganz allmählich mit dem Gedanken anzufreunden, vielleicht, nur vielleicht, in 2010 (!) den Rennsteiglauf über die volle Distanz mitzumachen und überlege, wieviele Halbmarathons ich vielleicht vorher gelaufen sein sollte, so haben Fred und Toody (for those who don't know: DEAD MOON & PIERCED ARROWS) mir auch hier etwas voraus. Beide sind letzten Samstag den Portland-Marathon gelaufen, Fred (60) in 6:33 und Toody (59) in 6:15!

Wie ich die beiden kenne, war das sicher eine relativ spontane Aktion ohne wochenlange Vorbereitung. Just Do It! Toody war damit sogar noch schneller als über die Hälfte ihrer Altersklasse.

Seit Dienstag sind sie mit PIERCED ARROWS nun schon wieder auf Tour quer durch die U.S.A. Mir ist unbegreiflich, wo die beiden diese Kraft hernehmen...

Mittwoch, 8. Oktober 2008

Eine kleine Dosis Leichtigkeit für den Tag



... damit ich nicht so lange suchen muss beim nächsten Mal

Montag, 6. Oktober 2008

No Sympathy For The Record Industry

Das ist doch wohl die Höhe: Eben noch reichten ein paar Euronen Aufpreis um anstelle einer CD das Vinyl zu bekommen. O.k. Schallplatten sind nicht ganz billig in der Herstellung wie wir alle wissen. Aber jetzt will man damit offenbar richtig Kohle machen. Beispiele gefällig? Bitte sehr: Bob Dylan "Tell Tale Signs" 4-LP zu 79,00, Led Zeppelin "Mothership" und "The Song Remains The Same" je 4-LP zu je 79,00 EUR. Wahrscheinlich noch nicht mal Gatefold-Cover, sondern alles zusammen in eine Außenhülle reingestopft. Kiss My Ass, Major!