Mittwoch, 3. Juni 2009

OBS 13

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Meiner Vorfreude hatte ich ja nun schon mehrfach Ausdruck verliehen an dieser Stelle und heute mit ein paar Tagen Abstand muss ich immer noch sagen, ich bin nicht nur nicht enttäuscht, sondern noch derart erfüllt von Eindrücken, dass es eine Freude ist.

Leider kamen wir am Freitag erst gegen neun Uhr abends in Beverungen an. Die Kinder mussten nach der Schule an verschiedenen Stellen eingesammelt werden und 400 km sind nun mal 400 km. So entgingen uns leider die ersten drei Bands. Schade, aber nicht schlimm, denn Großes sollte an den nächsten beiden Tagen noch folgen. Außerdem hat am Freitagabend der Glitterhouse-Firmengarten wegen freien bzw. gemäßigten Eintritts für Einheimische eine Personendichte, wegen der ich ansonsten Großkonzerte meide.

Am Samstagmittag hatte sich das normalisiert und wir lauschten ausgeruht mit einem Becher Krombacher in der Hand Tenfold Loadstar, einer deutschen Frauenband mit männlichem Schlagzeuger. Das habe ich zwar nicht ganz verstanden(sonst ist oft der Gitarrist ein Männchen...), aber es fiel auch nicht weiter auf, da wir ganz gefangen waren von der wunderbaren Stimme der Sängerin. Beschreiben kann ich nicht so gut, das muss man gehört haben. Zuckersüße Songs, teilweise mit schöner Violinenverzierung. Ein fantastischer Auftakt für unser Wochenende jedenfalls. Danach folgten Black Rust. Bei "Rust" denke ich automatisch sofort Neil Young. Der wurde auch auf Glitterhousens Programmzettel zitiert, führt aber m. E. ziemlich in die Irre. Für den Soundcheck am Gesangsmikrofon wurde Ryan Adam's "Two" acabella intoniert und das waren auch die Koordinaten, wo es die nächsten Stunde langgehen sollte. Und das gefiel nicht nur mir. Americana vom Feinsten. Vor allem nie langweilig. In den letzten Jahren war ich ja manchmal von den mitgebrachten CD's etwas enttäuscht - bei Black Rust war es anders herum. Wunderbare Produktion. Sehr zu empfehlen. Danach legten wir erst einmal eine kleine Pause ein; Grillen an der Weser und pünktlich zum Auftritt von Marissa Nadler waren wir zurück. Hier gehen mir etwas die Adjektive aus. Feengleich? Jedenfalls eine sehr eigene Darbietung, beinahe nicht von dieser Welt. Sollte man ausgeschlafen sein für (oder stoned?). Nichts für nebenbei. Muss ich demnächst noch einmal per Tonträger nachholen. Als der Gitarren- und Effekteladen für die nächste Band aufgefahren wurde, The Band Of Heathens, bin ich erstmal vor an die Bühne. Das musste ich mir von Nahem ansehen. Drei Gitarristen mit Gibsons, das wird gut. Wurde auch gut. Weil außerdem alle drei noch solo singen konnten, mit schönen unterschiedlichen Stimmen. Erinnerte natürlich an die frühen Siebziger und an alles, was sich Rootsrock nennt heutzutage. Aber ich mag so etwas. Danach Kristofer Aström, der Sänger von Fireside, in einem Garten im Weserbergland auf der Bühne, das muss man sich mal vorstellen. Große Sache, keine Frage, aber nach reichlich 4 Stunden Musikgenuss und diversen Getränken habe ich dann doch leichte Konzentrationsprobleme, das gebe ich zu. Deswegen wollten wir damit den Abend eigentlich auch ausklingen lassen. Aber dann überraschte uns Chris Eckman mit seinem Ensemble, wie rockig und poppig er dieses Jahr daher kam. Arrangieren kann dieser Mann, Hut ab! Auch wenn der groß angekündigte dreistimmige slovenische Chor dann doch etwas dünn und ungeübt klang, who cares. Für das Unfertige habe ich seit je eine Schwäche. Lang geblieben sind wir aber dennoch nicht. Es war eine frische, klare Nacht und wir haben noch eine Stunde abwechselnd in die Sterne und in die Bierflaschen geschaut...

Am Sonntagmorgen schien die Sonne und nach einem kräftigen Frühstück freuten wir uns auf Baby Universal. Rock'n'Roll und Soul mit einem Sänger, der seinen Jim Morrison gelernt hatte. Meine Güte! Posen, wie ich sie mir mit 2,8 auf dem Kessel nie trauen würde. Aber Attitüde gehört zum Rock und Baby Universal haben uns wieder daran erinnert. Der Hammer war "This Is Not A Love Song" von P.I.L.. Das wogte die Menge. Eine sehr feine Idee war auch die als Zugabe zum Clapping des Publikums vorgetragene Acabella-Ballade. Danach haben wir gedacht, wie kann es jemand überhaupt schaffen, das Publikum wieder zu fesseln. Dafür muss man solche Musik wie The Miserable Rich machen, dann geht das im Handumdrehen! Vor einiger Zeit hatte ich schon mal von dieser Band gelesen (hier), aber das muss man selbst erlebt haben. Gänsehaut und Tränen in den Augen. Viel, viel später am Abend sahen wir die Jungs sehr erschöpft ihr Zeug im proppevollen Bus verstauen. Da haben wir ihnen noch mal gesagt, wie großartig wir den Auftritt fanden. Sie haben sich ehrlich drüber gefreut.


Nach den Wohlklängen aus Brighton wurde wieder unser Grill angezündet, irgendwann muss man halt was essen. So entgingen uns zwar die Garagenrocker aus London, doch das kann ich verschmerzen. Maria Taylor bezauberte uns anschließend mit ihren lupenreinen akustischen Popsongs. Hätte ich nicht gedacht, dass mir sowas mal gefällt.


Wir kauften unverzüglich beide CD's. Weil Hermann unbedingt die mit dem hübschen Gesicht haben wollte ("Lady Luck"), habe ich nun das Debüt als Original (und sie ist etwas besser, hihi). Vor allem ist dort das groovige "Song Beneath The Song" drauf, das den fantastischen Höhepunkt des Konzertes bildete. So viel Lebensfreude kam da von der Bühne, herrlich! I Am Kloot ist in dieser Hinsicht eher ein Gegenpol. Da schreibt und singt sich einer die Dämonen vom Hals. Das ist zwar einerseits bedrückend, erzeugt aber andererseits großer Tiefe und Wahrhaftigkeit. Vielleicht irre ich mich auch und John Bramwell hat in Wahrheit ein sonniges Gemüt. Wir waren jedenfalls so berührt wie der Cheffe vom Knust Hamburg, der auf der Tribüne in sich versunken fast alles mitsang und wir bedanken uns mit Applaus und CD-Kauf. Die Band signierte freundlich.



Bis heute habe ich das Album mindestens schon dreimal durchgehört. Dann gab es mit Baskery gleich einen weiteren Höhepunkt. Neben der Tatsache, dass die drei Schwestern sehr hübsch sind, schöne Stimmen haben und hervorragend zu unterhalten wissen, war ich enorm beeindruckt, welches Feuerwerk die drei mit ihrem doch spärlichen Equipment entfachten! Das was schier unglaublich. Und kein Vergleich mit der zwar sehr guten aber eher braven LP-Produktion.

Wir liebten es und wollten hernach keine andere mehr Musik hören, um den Eindruck mit nach Hause zu nehmen. Außerdem bin ich bei "Get Well Soon" nicht vorurteilsfrei. Amrei, die Tochter und Änni, ihre Freundin, blieben und erzählten am nächsten Tag, es hätte ziemlich gerockt. O.K.

Abschied ist immer ein bisschen wie Sterben... nein diesmal nicht. Weil die Musikauswahl meiner Meinung nach so große Klasse gewesen ist wie seit dem 9. OBS nicht mehr und weil auch sonst alles gestimmt hat, sogar das Wetter. So fuhren wir also am Montagvormittag frohen Mutes ab, uns freuend, dass es dieses schöne Festival gibt und wir dabei sein durften. Bis 2010, so Gott will...


Reviews aus professioneller Feder gibt es hier und hier.

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